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Hinterbliebenenversorgung und Begrenzungsmöglichkeiten

AGB- und diskriminierungsrechtliche Grenzen für den Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung - Aktuelle Rechtsprechung

Leistungszusagen einer betrieblichen Altersversorgung bestehen oftmals nicht nur für die Mitarbeitenden, sondern im Fall deren Versterbens auch für den Ehe- bzw. Lebenspartner und ggf. hinterbliebener Waisen. Für die Versorgungsberechtigten ist die Absicherung der nächsten Familienangehörigen durchaus von großer Bedeutung. Umgekehrt hat der Arbeitgeber als Versorgungsschuldner ein erhebliches Interesse an einer Berechenbarkeit der mit der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung verbundenen Belastungen. Der Arbeitgeber kann deshalb durchaus den Kreis der versorgungsberechtigten Hinterblieben einschränken, sofern es nicht zu unzulässigen Diskriminierungen oder im Falle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Verstoß gegen die §§ 307ff. BGB kommt. Dabei spielt insbesondere die Frage, ob die Gestaltung der Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB handelt.

In der Praxis haben deshalb sogenannte Späteheklauseln für Diskussionsstoff gesorgt. Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen hierzu wichtige Grundsätze herausgearbeitet. Als unangemessene Benachteiligung ist danach eine Beschränkung der Hinterbliebenversorgung auf den Ehepartner- und Lebenspartner, mit dem der Arbeitnehmer als Versorgungsempfänger zum Zeitpunkt der Erteilung Versorgungszusage verheiratet bzw. verpartnert ist, anzusehen (BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, NZA 2017, 723). Dies gilt selbst dann, wenn der Ehe- oder Lebenspartner in der Versorgungszusage namentlich benannt ist (BAG v. 8.2.2020 – 3 AZN 954/19, NZA 2020, 1475).

Hinterbliebenenversorgung II

Nicht zu beanstanden ist demgegenüber nach Auffassung des BAG eine Beschränkung der Versorgungsleistung auf hinterbliebene Ehe- bzw. Lebenspartner mit denen die Ehe / Lebenspartnerschaft bereits bei Eintritt des Versorgungsfalls – also dem Eintritt in den Ruhestand des eigentlichen Versorgungsempfängers – bestand (BAG v. 21.3.2017 – 3 AZR 86/16, NZA 2017, 939). Knüpft die Versorgungsregelung aber daran an, dass die Ehe oder Lebenspartnerschaft z.B. mit Vollendung eines bestimmten Lebensjahres des Mitarbeitenden als eigentlichem Versorgungsempfängers geschlossen sein muss, z.B. dem 60. oder 62. Lebensjahr, liegt hierin in der Regel eine unzulässige Altersdiskriminierung. Eine Ausnahme kann allerdings dann vorliegen, wenn mit dieser Altersgrenze an ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip angeknüpft wird, z.B. weil dieser Zeitpunkt zugleich den Eintritt des Versorgungsfalles darstellt (BAG v. 22.1.2019 – 3 AZR 560/17).

Bedeutung haben außerdem auch sog. Altersabstandsklauseln erlangt. Ihr Sinn besteht aus Sicht des Arbeitgebers darin, eine erhebliche Erweiterung des wirtschaftlichen Risikos, dass er ohnehin mit einer ggf. über Jahrzehnte zu erbringenden Versorgungsleistung eingeht, nicht noch durch den Abschluss einer Ehe- oder Lebenspartnerschaft mit einer deutlich jüngeren Person ausgeweitet wird. Insofern gilt es allerdings die Diskriminierungsverbote, insbesondere mit Blick auf eine mögliche Altersdiskriminierung, zu beachten. Das Interesse des Arbeitgebers an einer Kalkulierbarkeit des mit der Versorgungszusage verbundenen finanziellen Risikos legitimiert nach Auffassung des BAG zum Beispiel eine Klausel nach der Ehegatten, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, von der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen sind. Hierin liege keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters (BAG v. 20.2.2018 – 3 AZR 43/17, NZA 2018, 712).

Hinterbliebenenversorgung

 

Keine Hinweispflicht des Arbeitgebers auf Entgeltumwandlungsanspruch!

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Eltville Gießen Wiesbaden Wetzlar

Stichworte: Entgeltumwandlung

Viele Arbeitnehmer machen sich heutzutage frühzeitig Gedanken über ihre Altersversorgung. Diese kann neben der gesetzlichen Rente auch in einer betrieblichen Altersversorgung bestehen. Solche Systeme der betrieblichen Altersversorgung stammen vielfach noch aus den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts und sind heute oftmals zu einer großen finanziellen Belastung der Arbeitgeber geworden. Selbst wenn eine betriebliche Altersversorgung an sich nicht besteht, kann der Arbeitnehmer gem. § 1a BetrAVG verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. 

Vielen Arbeitnehmern ist diese Vorschrift schlicht unbekannt. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei dem Anspruch nach § 1a BetrAVG um ein scharfes Schwert, da der Arbeitgeber hierdurch quasi gezwungen werden kann, ein - wenn auch nur aus Vergütungsbestandteilen des Arbeitnehmers gespeistes - System der Altersversorgung einzuführen. 

Kontrovers diskutiert wurde, ob der Arbeitgeber sogar verpflichtet ist, den Arbeitnehmer auf seinen Anspruch nach § 1a BetrAVG hinzuweisen und sich bei Unterlassen sogar schadensersatzpflichtig machen kann. Dies hat das BAG in einem neuen Urteil vom 21.01.2014 - Az. 3 AZR 807/11 - nunmehr allerdings verneint. Nach Auffassung des BAG besteht keine Pflicht des Arbeitgebers auf den Entgeltumwandlungsanspruch nach § 1a BetrAVG hinzuweisen. Dies ergäbe sich weder aus § 1a BetrAVG noch aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, so dass auch ein darauf gestützter Schadensersatzanspruch ausscheidet.

Rechtsanwalt Dr. Christian Velten - Arbeitsrecht Gießen / Eltville

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Krank am Gleittag - Ist der wieder gutzuschreiben?

In Gleitzeitsystem besteht zumeist die Möglichkeit, Überstunden durch sog. Gleittage abzufeiert. Dies kommt vielen Arbeitnehmern entgegen, da der Freizeitausgleich oft attraktiver als eine Auszahlung ist.

Aber was passiert, wenn ein Arbeitnehmer einen Gleittag nimmt und an diesem Tag arbeitsunfähig erkrankt? Bei Urlaubstagen darf auf Grund von § 9 BUrlG bei einer Arbeitsunfähigkeit am Urlaubstag dieser Tag nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.

Auf den ersten Blick erscheinen die beiden Fälle vergleichbar, hat der Arbeitnehmer bei einer Erkrankung doch letztlich nichts von der gewährten Freizeit. Bei genauer Betrachtung gibt es allerdings einen bedeutsamen Unterschied: Die Gewährung des Gleittages erfolgt primär dazu, die geleistete Arbeitzeit des Arbeitnehmers wieder auf die durchschnittliche Regelarbeitszeit zurückzuführen, also geleistete Überstunden auszugleichen, so dass im Schnitt die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit geleistet wurde. Es geht also nicht wie beim Jahresurlaub, um eine Gewährleistung von bezahlten Zeiten der Erholung. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Freistellung am Gleittag ohne Minderung des Entgelts wird durch den Arbeitgeber mit Genehmigung des Gleittages gewährt und eine anloge Anwendung von § 9 BUrlG wird von der Rechtsprechung abgelehnt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.11.2015 - 5 Sa 342/15).

Das bedeutet im Ergebnis, dass grundsätzlich Gleittage nicht wieder gutzuschreiben sind, wenn der Arbeitnehmer am Gleittag arbeitsunfähig erkrankt ist. Eine Ausnahme davon, kann aber ausdücklich in einem anwendbaren Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vorgesehen sein. Praxisrelevant dürfte vor allem der Fall einer Betriebsvereinbarung sein. Betriebsräte sollten die Rechtslage im Blick haben und ggf. bei der Verhandlung der Betriebsvereinbarung zum Gleitzeitsystem berücksichtigen. Auf diesem Weg können interessengerechte Lösungen gefunden werden.

 

 

Änderungen im Nachweisgesetz - Handlungsbedarf für Arbeitgeber

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Neue Anforderungen an Nachweis der Arbeitsbedingungen

I. Hintergrund der Gesetzesänderung

Die Bundesregierung hat im April 2022 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31.07.2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union („Arbeitsbedingungsrichtlinie“) auf den Weg gebracht. Die Arbeitsbedingungenrichtlinie verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem eine transparente und vorhersehbarere Beschäftigung gefördert und zugleich die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet wird. Der deutsche Gesetzesentwurf beinhaltet vor allem Änderungen des Nachweisgesetzes (NachwG) und geht an einigen Stellen sogar über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus. Der Entwurf wurde am 23.6.2022 ohne Änderungen beschlossen. Die Änderungen im NachwG treten zum 01.08.2022 in Kraft und verursachen einen nicht unerheblichen Handlungs- und Anpassungsbedarf für Arbeitgeber.

II. Änderungen im NachwG

1. Erweiterter Katalog in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG

Das NachwG verpflichtet Arbeitgeber, wesentliche Bedingungen des Arbeitsverhältnisses sowie deren Änderung aufzuzeichnen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
Bislang müssen lediglich die wesentlichen Vertragsbestandteile, etwa Name und Anschrift der Parteien des Arbeitsvertrags, Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses oder die vereinbarte Arbeitszeit, schriftlich niedergelegt werden (vgl. den Katalog in § 2 Abs. 1 NachwG a.F.). Dieser Nachweis konnte und wurde in der Praxis bislang durch einen den Anforderungen genügenden Arbeitsvertrag erfüllt, sodass die Bedeutung des NachwG eher gering war. Der Katalog in § 2 Abs. 1 NachwG soll zukünftig um folgende Punkte ausgeweitet werden, sodass wesentlich mehr Arbeitsbedingungen schriftlich niedergelegt werden müssen:

  • Dauer der vereinbarten Probezeit
  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum
  • Hinsichtlich des Arbeitsortes nicht nur, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann, sondern auch alternativ auf eine freie Wahl des Arbeitsortes.
  • Die Gehaltsbestandteile sind zukünftig jeweils getrennt anzugeben und es außer auf die Fälligkeit auch auf die Art der Auszahlung hinzuweisen
  • Die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen.
  • Die Möglichkeit und Voraussetzungen der Anordnung von Überstunden.
  • Die neue Nr. 9 enthält besondere Nachweisverpflichtungen bei Abrufarbeit im Sinne von § 12 TzBfG
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen.
  • Der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt.
  • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Kündigungsfristen sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
  • Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis u.a. auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
  • Bei einer Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland sieht die Neufassung des NachwG in § 2 Abs. 2 ebenfalls umfangreiche Pflichten zur Niederschrift vor.

Problematisch ist die Ausweitung des Katalogs v.a. auf den Nachweis bzgl. des einzuhaltenden Verfahrens im Falle einer Kündigung, welcher mindestens das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfristen sowie die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) umfassen muss (§ 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG n.F.). Die im Gesetzesentwurf vorgesehenen drei „Mindestangaben“ finden keine Entsprechung in der EU-Richtlinie, die eine Unterrichtung des Arbeitnehmers hinsichtlich des „bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer einzuhaltende[n] Verfahren[s], einschließlich der formellen Anforderungen und der Länge der Kündigungsfristen, oder, falls die Kündigungsfristen zum Zeitpunkt der Unterrichtung nicht angegeben werden können, die Modalitäten der Festsetzung der Kündigungsfristen“ erfordert. Die Richtlinie sieht folglich eine weiter gefasst Nachweispflicht vor.

Ob die drei Mindestangaben des deutschen Gesetzesentwurf dem genügen oder ob im Wege europarechtskonformer Auslegung weitere Angaben erforderlich sind, ist unklar. Die Voraussetzungen des deutschen Kündigungsschutzverfahrens sind vielfältig, sodass die „Unterrichtung über das einzuhaltende Verfahren“ etwa auch das Erfordernis der Beteiligung des Betriebsrats oder der Unterrichtung des Schwerbehindertenvertreters umfassen könnte.

Es bleibt damit unklar, wie genau die Unterrichtung der Arbeitnehmer aussehen muss, sodass leider wieder eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht. Zum Teil wird die Aufnahme der Mindestangaben als ausreichend angesehen und darauf verwiesen, dass die Fehleranfälligkeit erhöht wird, desto mehr Angaben aufgenommen werden (vgl. Grimm, https://www.arbrb.de/blog/2022/06/29/bearbeitungshilfe-zur-erteilung-des-arbeitgebernachweises-nach-dem-nachwg-ab-dem-1-8-2022/). Zum anderen wird auf eine evtl. erforderliche richtlinienkonforme Auslegung der deutschen Vorschrift hingewiesen und daher empfohlen, sich eher an der EU-RL zu orientieren (Möller, ArbRAktuell 2022, 299, 300). 

Gem. § 2 Abs. 4 S. 2 NachwG n.F. besteht die Möglichkeit, auf gesetzliche Vorschriften zu verweisen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Kündigungsfrist interessant, da so die Regelungen "abgeschrieben" werden müssen. § 7 KSchG soll jedenfalls von dem ordnungsgemäßen oder fehlenden Nachweis der Drei-Wochen-Frist im Arbeitsvertrag unberührt bleiben und findet weiter Anwendung. Eine falsche Information des Arbeitgebers diesbezüglich hat damit auf den ersten Blick keine Auswirkungen auf die Präklusionsfrist. Ob allerdings bei einer unterbliebenen oder falschen Information und darauf basierender Fristversäumnis ggf. ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber in Betracht kommt, bleibt ungewiss.

2. Erweiterter Anwendungsbereich

Bisher galt das Nachweisgesetz in persönlicher Hinsicht nicht für Arbeitnehmer, die nur zur vorrübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt waren. Diese Einschränkung soll durch den Gesetzesentwurf aufgehoben werden. Der Gesetzesentwurf geht in diesem Punkt über die Vorgaben der EU-RL hinaus und gilt nunmehr für alle Arbeitnehmer.

3. Verkürzte Fristen

Nach der Neufassung des NachweisG sind Arbeitgeber ab dem 01.08.2022 verpflichtet,  auf Verlangen des Arbeitnehmers binnen sieben Kalendertagen die Niederschrift über die Arbeitsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 -10 NachwG n.F. auszuhändigen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.08.2022 bestanden hat, § 5 NachwG n.F. Diese Frist gilt damit insbesondere zu:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien,
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen die Dauer und das Enddatum,
  • der Arbeitsort
  • die Beschreibung der Tätigkeit,
  • die Dauer der Probezeit,
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts,
  • die Arbeitszeit
  • gegebenenfalls besondere Arbeitsbedingungen bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG sowie
  • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden.

Für die Aushändigung der Niederschrift über die übrigen Arbeitsbedingungen des § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG einen Zeitraum von bis zum einem Monat vor.

Die Pflicht entfällt allein dann, wenn eine frühere Information an den Arbeitnehmer bereits allen Anforderungen entspricht (§ 5 S. 2 NachwG n.F.) – was idR nicht der Fall sein dürfte. Arbeitgeber sollten sich daher schon jetzt darauf einstellen, die Nachweise innerhalb der Fristen ab dem 01.08.2022 erteilen zu können, um auf etwaige Verlangen der Arbeitnehmer rechtzeitig reagieren zu können. Künftige Änderungen der Vertragsbedingungen sind dem Arbeitnehmer bereits an dem Tag, an dem sie wirksam sind, schriftlich mitteilen. Bislang bestand dafür eine Frist von einem Monat.

Bei Arbeitsverhältnissen ab dem 01.08.2022 muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer künftig eine Niederschrift mit den wesentlichen Vertragsbestandteilen (Name und Anschrift der Vertragsparteien, die Höhe des Arbeitsentgelts und die vereinbarte Arbeitszeit) bereits am ersten Tag der Arbeitsleistung aushändigen. Die weiteren Angaben aus dem neuen Katalohg des § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG sind innerhalb von 7 Tagen nachzuweisen. Nur in wenigen Ausnahmefällen beträgt die Frist für die Aushändigung des Nachweises noch einen Monat.

4. Schriftform

Für den Nachweis nach dem NachwG ist die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG). Nachweise müssen daher weiterhin – entgegen vielfacher Kritik aus der Praxis – in Schriftform erteilt werden. Der fortschreitenden Digitalisierung wird damit nicht Rechnung getragen.

5. Verschärfte Bußgeldregelung

Sollten Arbeitgeber nicht innerhalb der oben genannten Fristen tätig werden, besteht nach § 4 Abs. 1, 2 NachwG n.F. die Möglichkeit zur Verhängung eines Bußgelds von bis zu 2.000 EUR. Ein Bußgeld soll darüberhinaus für eine „nicht richtige“ oder „nicht vollständige“ Aushändigung der Informationen verhängt werden könne.

III. Umsetzung

Bislang war es möglich, die Anforderungen des NachwG durch Aushändigung eines Arbeitsvertrags, der diesen Anforderungen entspricht, zu genügen. Mit der Ausweitung des Katalogs in § 2 Abs. 1 NachwG wurden viele Angaben aufgenommen, die rein deskriptiven Charakter aufweisen – etwa die Angaben zum Kündigungsverfahren –, und gerade keine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber darstellen. Eine rechtliche Bindung an diese Angaben wird von Arbeitgeberseite vielfach nicht gewünscht sein. Es kann sich daher wie von Grimm (https://www.arbrb.de/blog/2022/06/29/bearbeitungshilfe-zur-erteilung-des-arbeitgebernachweises-nach-dem-nachwg-ab-dem-1-8-2022/) empfohlen anbieten, neben dem Arbeitsvertrag ein gesondertes Nachweisschreiben zu erstellen und den Arbeitnehmern auszuhändigen. Durch das Nachweisschreiben als bloße Wissenserklärung wird keine Bindungswirkung für den Arbeitgeber verursacht und die spätere Abänderung vereinfacht. Bei diesem Vorgehen muss jedoch differenziert werden, welche beiderseitigen Vereinbarungen weiterhin in den Arbeitsvertrag gehören und welche nicht. In dem Nachweisschreiben kann dann an den entsprechenden Stellen auf den Arbeitsvertrag verweisen werden. Insgesamt wird zukünftig Vorsicht geboten sein, wenn kein eigenständiger Nachweis erteilt, sondern die Arbeitsbedingungen aus § 2 NachwG in den Arbeitsvertrag einfließen sollen. Es sollte klar und deutlich zwischen vertraglichen Vereinbarungen und reinen Wissenserklärungen und deklaratorischen Hinweisen ohne vertragliche Bindungen unterschieden werden.

LAG Sachsen stellt gängige Vertragsstrafenklausel in Frage

LAG Sachsen Vertragsstrafe

 

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Regelungen zu Vertragsstrafen, zB. für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Tätigkeit nicht oder verspätet antritt oder unter Nichteinhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist auflöst. Das LAG Sachsen (Urt. v. 24.01.2022 - 1 Sa 345/21) musste sich jüngst mit einer solchen Klausel befassen und hat diese für unwirksam erachtet.
Die konkrete Klausel hielt bereits einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht stand. An dieser Stelle hätte das LAG Sachsen aus der Prüfung eigentlich schon aussteigen können. Als weitere Erwägung hielt es allerdings zusätzlich fest, dass die Klausel den Arbeitnehmer auch unangemessen benachteilige und somit ebenfalls aus diesem Grund unwirksam sein. Die unangemessene Benachteiligung ergebe sich daraus, dass nicht im Gegenzug zur Vertragsstrafe des Arbeitnehmers bei Vertragsbeendigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nicht - quasi als Ausgleich - auch eine Vertragsstrafe zu Lasten des Arbeitgebers vorsieht, wenn dieser das vereinbarte Entgelt nicht oder nicht rechtzeitig auszahlt. Diese Erwägungen haben es für die Praxis in sich. Enthalten doch die wenigsten Arbeitsverträge Vertragsstrafenklauseln für beide Vertragsparteien. Eine einseitige Belastung des Arbeitnehmers sei unzulässig. Der Arbeitnehmer sei schließlich auf die Vergütung zum Bestreiten seines Lebensunterhalts angewiesen.

Trotzdem überzeugt die Wertung des LAG Sachsen vor dem Hintergrund der langjährigen BAG-Rechtsprechung zu Vertragsstrafenklauseln nicht. Deren Zulässigkeit ergibt sich aus der Erwägung, dass eine Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung gem. § 888 Abs. 3 ZPO nicht möglich ist. Demgegenüber kann der Arbeitnehmer die Zahlung des Entgelts für seine Tätigkeit nach Erhalt eines entsprechenden Titels im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Im Ergebnis sind die beiden Sachverhalte damit nicht vergleichbar und es liegt mit Blick auf die arbeitsrechtlichen Besonderheiten keine unangemessene Benachteiligung vor.
Es bleibt abzuwarten, ob das BAG Gelegenheit erhalten wird, die Frage höchstrichterlich zu klären. Die Entwicklung sollte in jedem Fall beobachtet werden.

 

Erfolgreiche Kündigungsschutzklage schließt Anfechtung des Arbeitsvertrages aus

Anfechtung Rechtskraft Kündigungsschutz

Die Anfechtung einer Willenserklärung führt entsprechend der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 142 BGB dazu, dass im Erfolgsfall die Willenserklärung als nicht abgegeben fingiert wird. 

Hat ein Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens rechtskräftig festgestellt, dass eine Kündigung unwirksam und damit das Arbeitsverhältnis über den beabsichtigten Beendigungstermin hinaus fortbesteht, kann eine vor diesem Zeitpunkt erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages nach Auffassung des BAG (Urt. v. 18.02.2021 - 6 AZR 92/19) keinen Erfolg (mehr) haben. Die Rechtsfolge der Anfechtung, dass das Angebot zum Abschluss des Arbeitsvertrages als nicht abgegeben gilt, und der Arbeitsvertrag deshalb ab Zugang der Anfechtungserklärung beseitigt worden ist, kann in diesem Fall nicht mehr fingiert werden.

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