Geschäftsführung im Wahlvorstand für die Betriebsratswahl

Die interne Organisation des Wahlvorstandes ist in der Wahlordnung nur in groben Zügen vorgegeben. An vielen Stellen lässt sich allerdings an die Geschäftsführung im Betriebsrat anknüpfen. Es gibt jedoch auch einige Besonderheiten zu beachten.

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Die Bestellung eines oder einer Vorsitzenden im Wahlvorstand ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber zulässig und in der Praxis auch durchaus sinnvoll. Besteht im Betrieb noch ein Betriebsrat, so bestimmt dieser durch Mehrheitsbeschluss auch den Vorsitz. Gibt es keinen Betriebsrat (mehr), so wählen die Mitglieder des Wahlvorstandes aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden.

Der Vorsitzende organisiert die Sitzungen, leitet sie und vertritt den Wahlvorstand gegenüber dem Arbeitgeber. Außerdem ist er berechtigt, Erklärungen, die dem Wahlvorstand gegenüber abzugeben sind, für diesen entgegenzunehmen.

Wie auch der Betriebsrat, kann sich der Wahlvorstand eine Geschäftsordnung geben. Diese bedarf der Schriftform und kann Verfahrensfragen regeln, soweit diese nicht gesetzlich zwingend vorgegeben sind. Eine Geschäftsordnung kann in größeren Gremien sinnvoll sein, ist aber sonst in der Praxis eher selten.

Der Wahlvorstand kann seine Entscheidungen nur in einer Sitzung fassen. Damit wirksam Beschlüsse gefasst werden können, bedarf es zunächst einer ordnungsgemäßen Ladung zur Wahlvorstandssitzung. Eine gesetzlich vorgegebene Ladungsfrist gibt es für Wahlvorstandssitzungen ebensowenig wie für Betriebsratssitzungen. Als Leitlinie kann herangeogen werden, dass die Ladung so rechtzeitig erfolgen muss, dass es den Wahlvorstandsmitgliedern möglich ist, sich ordnungsgemäß auf die Sitzung vorbereiten zu können. Damit hängt die Rechtszeitigkeit vor allem vom Inhalt der Beschlussthemen, deren Komplexität und Umfang ab. Anders als bei der Ladung zu einer Betriebsratssitzung bedarf es für den Wahlvorstand keiner detaillierten Tagesordnung. Selbst ohne Mitteilung einer Tagesordnung können wirksame Beschlüsse gefasst werden (vgl. GK-BetrVG/Kreutz/Jacobs, § 1 WO Rn. 9).

Beschlussfähig ist der Wahlvorstand, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder an der Sitzung teilnimmt. Ein Beschluss ist gefasst, wenn mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder des Wahlvorstandes dem Beschluss zustimmt. Hat der Wahlvorstand drei stimmberechtigte Mitglieder, müssen folglich mindestens zwei für den Beschlussantrag stimmen. Stimmenthaltungen wirken sich faktisch somit wie Nein-Stimmen aus.

Ob der Wahlvorstand seine Sitzungen im Rahmen einer Videokonferenz durchführen kann, ist bisher weiter unklar. Zwar schließt der Wortlaut der Wahlordnung dies nicht per se aus. Denn anders als in § 33 BetrVG wird in § 1 Abs. 2 WO nicht auf die „anwesenden“ Mitglieder abgestellt, oder lediglich auf die „stimmberechtigten Mitglieder“. Allerdings ist im aktuell noch bis zum 30.06.2021 geltenden § 129 BetrVG, der Telefon- oder Videokonferenzen für die Beschlussfassung im Betriebsrat ermöglicht, der Wahlvorstand nicht genannt. Hierin könnte eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zu sehen sein, dass der Wahlvorstand gerade nicht die Möglichkeit einer Telefon- oder Videokonferenz nutzen können soll. Auch im neuen Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist zwar weiter für den Betriebsrat und andere betriebsverfassungsrechtliche Gremien vorgesehen, dass diese ihre Sitzungen in Form einer Telefon- oder Videokonferenz abhalten können. Der Wahlvorstand ist aber wiederum nicht genannt. In Anbetracht dessen, dass das Betriebsrätemodernisierungsgesetz auch Anpassungen am Wahlverfahren vorsieht, bisher aber nicht beim Wahlvorstand, liegt es nahe, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht vorliegen. Allerdings sind die Regelungen zu den Sitzung des Wahlvorstandes in der Wahlordnung ohnehin recht rudimentär und es wird ergänzend auf die für den Betriebsrat geltenden Regelungen zurückgegriffen. Im Ergebnis erscheint es aber ratsam, Beschlussfassungen im Wahlvorstand nicht im Wege einer Video- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Hinzukommt, dass eine Beschlussfassung im Wahlvorstand per Video- oder Telefonkonferenz, selbst wenn man § 30 Abs. 2 BetrVG analog anwendete, einer schriftlichen und den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BetrVG genügenden Geschäftsordnungsregelung bedürfte. Die Erstellung einer solchen Geschäftsordnung bindet gerade in kleinen Wahlvorständen, unnötige zeitliche Kapazitäten.

Natürlich spricht nichts dagegen, informelle Abstimmungen und Termine zur Vorbereitung von Beschlüssen per Videokonferenz- oder Telefonkonferenz abzuhalten. Beschlussfassungen sollte jedoch in Präsenzsitzungen erfolgen.Dies gilt auch dann, wenn ansonsten im Betrieb üblich ist, dass Gremiumssitzungen digital abgehalten werden und dies zum Beispiel auf einem „Agreement“ mit dem Arbeitgeber beruht. Ein solches Agreement schützt nicht vor einer Wahlanfechtungen durch drei wahlberechtigte Arbeitnehmer.

Wahlvorstandssitzungen sind grundsätzlich nicht öffentlich. Im Rahmen des Erforderlichen kann das Gremium aber z.B. Auskunftspersonen oder Sachverständige hinzuziehen. Auch der Arbeitgeber oder externe Gewerkschaftsvertreter können auf Einladung des Wahlvorstandes zur Sitzung eingeladen werden.

Daneben kann der Wahlvorstand nach freiem Ermessen sog. Wahlhelfer heranziehen, vgl. § 1 Abs. 2 S. 2 Wahlordnung. Diese werden aus dem Kreise der wahlberechtigten Arbeitnehmer bestellt und können den Wahlvorstand bei der Durchführung der Stimmabgabe und bei der Stimmauszählung unterstützen. Zur Bestellung der Wahlhelfer bedarf es eines Beschlusses des Wahlvorstandes, aber keines Einverständnisses des Arbeitgebers. Dieser ist lediglich über die Bestellung zu informieren. Zudem gilt für die Anzahl der Wahlhelfer der Erforderlichkeitsgrundsatz, so dass der Wahlvorstand nicht mehr Wahlhelfer bestellen darf als für die anfallenden Aufgaben voraussichtlich gebraucht werden.

Achtung! Wahlhelfer haben ausschließlich eine unterstützende Funktion und keinesfalls ein Stimmrecht im Wahlvorstand! Zum Beipiel darf ihnen deshalb nicht die Erstellung der Wählerliste übertragen werden. Auch steht den Wahlhelfern kein besonderer Kündigungsschutz zu.

Zu guter Letzt sollten Wahlvorstände immer an eine ordnungsgemäße Protokollierung denken. Eine solche Niederschrift wird von § 1 Abs. 3 WO vorgegeben. Sie ist vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstandes zu unterzeichnen.

Der Wahlvorstand ist zudem gehalten, strikte Neutralität im Rahmen des Wahlverfahrens zu wahren. Es ist ihm damit insbesondere untersagt Einfluss auf das Wahlverhalten oder sogar das Wahlergebnis zu nehmen. Mehr zur Neutralitätspflicht findet ihr in unseren gesonderten Blogbeitrag.