Was bedeutet Kurzarbeit Null für den Urlaubsanspruch?

Kurzarbeit Null und Urlaub

Die Kurzarbeit hat während der Corona-Pandemie besondere Bedeutung erlangt. Teilweise wurde die Arbeitszeit dabei sogar auf "Null" reduziert (sog. "Kurzarbeit Null"). Für viele Unternehmen bot die Kurzarbeit die Möglichkeit, auf Betriebsschließungen oder Auftragsrückgänge zu reagieren. Jedoch stellten sich auch nach der Einführung von Kurzarbeit noch zahlreiche Folgefragen, unter anderem, wie sich die Kurzarbeit null zu den vereinbarten Urlaubstagen der betroffenen Beschäftigten verhält, insbesondere ob eine Kürzung des Urlaubsanspruchs aufgrund der Kurzarbeit möglich sei. Das BAG hat sich mit dieser Frage in zwei Entscheidungen vom 30.11.2021 (9 AZR 225/21 und 9 AZR 234/21) auseinandergesetzt. Die erste Entscheidung betraf den Fall, dass die Kurzarbeit individualrechtlich zwischen den Parteien vereinbart worden war. In der Parallelentscheidung beruhte die Kurzarbeit auf einer Betriebsvereinbarung.

I. Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit null I – 9 AZR 225/21

Die Klägerin war bei der Beklagten drei Tage wöchentlich als Verkaufshilfe beschäftigt. Ihr stand ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 14 Tagen zu. Während der Corona-Pandemie trafen die Parteien Kurzarbeitsvereinbarungen, was dazu führte, dass die Klägerin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 überhaupt nicht und in den Monaten November und Dezember 2020 lediglich an fünf Tagen arbeitete. Aufgrund dessen nahm die Beklagte eine neue Urlaubsberechnung vor und kürzte den Jahresurlaub der Klägerin auf 11,5 Arbeitstage. Die Klägerin hingegen vertrag die Ansicht, dass die aufgrund der Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden müssen.

Das BAG hingegen folgte der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin. Der kurzarbeitsbedingte Arbeitsausfall ganzer Arbeitstage führe zu einer Neuverteilung der Arbeitszeit, sodass der Jahresurlaub entsprechend § 3 Abs. 1 BUrlG neu zu berechnen sei. Die aufgrund der Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage seien Zeiten mit Arbeitspflicht nicht gleichzustellen. Dies folge daraus, dass der Urlaub in einem inneren Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stehe. Ein Erholungsbedürfnis sei nur vorhanden, wenn tatsächlich eine Arbeitspflicht bestand. Der Urlaubsanspruch könne deshalb pro-rata-temporis gekürzt werden. Das BAG stellt zudem klar, dass der Arbeitgeber die Kurzarbeit nicht einseitig über sein Direktionsrecht einführen kann, sondern es einer besonderen einzelvertraglichen oder kollektivrechtlichen Grundlage bedarf.

Mit dieser Entscheidung schließt das BAG der herrschenden Meinung im juristischen Schrifttum an (vgl. etwa Bayreuther, NZA 2020, 1057, 1061; ErfK/Gallner, § 3 BurlG Rn. 23).

II. Urlaubsberechnung bei Kurzarbeit null II – 9 AZR 234/21

Die Parallelentscheidung des BAG betraf den Fall, dass die Kurzarbeit auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung eingeführt wurde. Der Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin mit einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen bei einer Fünftagewoche beschäftigt. Die „Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit aufgrund der Corona-Pandemie“ sah die Einführung von Kurzarbeit vom 06.04.2020 bis zum 31.01.2021 vor. Aufgrund der Kurzarbeit entfielen im Jahr 2020 insgesamt 79 Arbeitstage des Klägers. Daraufhin kürzte die Beklagte den Urlaubsanspruch des Klägers auf 23 Tage

Das BAG sah dies als rechtmäßig an. Eine Kürzung der Urlaubstage nach dem pro-rata-temporis-Grundsatz sei auch dann möglich, wenn die Kurzarbeit nicht auf einer individualrechtlichen Vereinbarung beruhe, sondern durch eine Betriebsvereinbarung eingeführt wurde. Erforderlich sei in diesem Fall jedoch, dass die Betriebsvereinbarung die Rechte und Pflichten der Beschäftigten, die aus der Kurzarbeit resultieren, klar erkennbar regele. Dazu seien mindestens die Bestimmungen von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer erforderlich. Im vorliegenden Fall seien diese Anforderungen erfüllt, sodass eine Kürzung des Urlaubsanspruchs zulässig war.