Neues für die BR-Wahl 2022 - Geänderte Wahlordnung

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Neue Wahlordnung für die Betriebsratswahl

 

Nachdem zunächst im Juni 2021 das Betriebsrätemodernisierungsgesetz erstmals seit Jahren wieder eine größere Reform des Betriebsverfassungsgesetzes mit sich brachte, hat der Gesetzgeber nun auch im Oktober 2021  rechtzeitig vor dem nächsten regelmäßigen Wahlturnus für die Betriebsräte - eine Überarbeitung der Wahlordnung zum BetrVG vorgenommen. Wir haben hier in unserem Block schon auf die eine oder andere Problematik zum Beispiel bei der Arbeit der Wahlvorstände (Stichwort: Videokonferenzen zulässig?) hingewiesen. In einigen wesentlichen Punkten sind nun wichtige Anpassungen in der Wahlordnung erfolgen.

Videokonferenzen - unter Ausnahmen - möglich

Bisher wurde lebhaft darüber diskutiert, ob Wahlvorstände für die Betriebsratswahl auch im Rahmen einer Video-/Telefonkonferenz ihre Beschlüsse fassen können. Streitig war hierbei im Kern, ob nach Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes, die Vorschrift des § 30 Abs. 2 BetrVG nF in der die Möglichkeit und die Vorgaben für die Beschlussfassung im Betriebsrat im Rahmen von Video-/Telefonkonferenzen geregelt werden, zurückgegriffen werden kann (näheres hierzu siehe den Blogbeitrag zur Geschäftsführung im Wahlvorstand). Die ablehnende Haltung wurde zumeist damit begründet, dass der Gesetzgeber im Betriebsrätemodernisierungsgesetz keine Möglichkeit der Nutzung von Video-/Telefonkonferenzen im Wahlvorstand aufgenommen hat - im Gegensatz zum Betriebsrat. Damit könnte von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen sein. Diese Streitfrage wird nun in der Neufassung der Wahlordnung geklärt: Danach wird im neuen § 1 Abs. 4 WO vorgesehen, dass Wahlvorstände grundsätzlich Videokonferenzen und Telefonkonferenzen zur Beschlussfassung nutzen dürfen. Hierzu bedarf es eines Beschlusses des Wahlvorstands

Im Gegensatz zur Regelung im § 30 Abs. 2 BetrVG bedarf es keiner Geschäftsordnungsregelung, sondern lediglich eines Beschluss des Wahlvorstandes, und es besteht kein Widerspruchsrecht für ein Viertel der Gremiumsmitglieder.

Allerdings sieht die Neufassung auch Ausnahmen vor: Danach sind Video-/Telefonkonferenzen nicht zulässig,

  • im Rahmen einer Wahlversammlung nach § 14a Abs. 1 S. 2 BetrVG
  • zur Prüfung eingereichter Vorschlagslisten
  • und bei einem Losverfahren nach § 10 Abs. 1 der Wahlordnung 

Zudem muss die Vertraulichkeit der Sitzungsinhalte auch im Rahmen einer Video-/Telefonkonferenz sichergestellt sein und es besteht ein Verbot der Aufzeichnung der Sitzungen. Die Teilnahme an der Sitzung muss in Textform gegenüber dem/der Wahlvorstandsvorsitzenden in Textform bestätigt werden und diese Bestätigung ist dem Sitzungsprotokoll beizufügen.

Fristende für Einsprüche gegen die Wählerliste und Einreichung von Vorschlagslisten

Praxisrelevant ist auch die nächste Änderung: Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist nun die Möglichkeit für den Wahlvorstand, das Fristende für Einsprüche gegen die Wählerliste und den Eingang von Vorschlagslisten im Rahmen der Wahl, auf das Arbeitsende der Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs am letzten Tag der Frist zu legen. Die Neuregelung greift damit die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf. Dieses hatte bereits seit längerem den Wahlvorständen die Möglichkeit eröffnet, das Fristende am letzten Tag abweichend von der üblichen Fristberechnung, die zu einem Fristende um 24 Uhr führt, stundenmäßig vorzuverlegen (vgl. BAG v. 16.01.2018 - 7 ABR 11/16). Als Voraussetzung sieht das BAG an, dass für das Fristende vom Wahlvorstand ein Zeitpunkt bestimmt wird, zu dem die Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs bereits nicht mehr im Betrieb anwesend ist. Wann dies der Fall ist, muss für jeden Betrieb individuell bestimmt werden. Die konkrete Uhrzeit muss zudem im Wahlausschreiben aufgeführt werden (vgl. BAG v. 28.04.2021 - 7 ABR 10/20). Ansonsten bleibt es beim Fristende um 24 Uhr. Diese Anforderung finden sich nun auch ausdrücklich in der neuen Wahlordnung. 

Wegfall der Wahlumschläge

Ein lange überfällig Neuerung besteht im Wegfall der Verwendung von Wahlumschlägen für die Stimmzettel. Bisher mussten die Stimmzettel auch bei der persönlichen Stimmabgabe im Wahllokal zwingend vom Wahlberechtigten in einen Wahlumschlag eingelegt werden, bevor diese in die Wahlurne geworfen werden durften. Die Nutzung solcher Wahlumschläge bei der persönlichen Stimmabgabe im Wahlraum ist mit der neu gefassten Wahlordnung entfallen. Dies ist sicherlich ein sinnvoller Schritt im Interesse der Resourcenschonung. Zur Wahrung des Wahlgeheimnisses genügt es wie auch bei anderen Wahl, z.B. der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat, wenn die Wahlberechtigten den Stimmzettel zusammenfalten, so dass ihre Stimme nicht mehr zu sehen ist, bevor ein Einwurf in die Wahlurne erfolgt.

Zeitpunkt der Öffnung der Briefwahlunterlagen

Mit der Neufassung der Wahlordnung wurde auch der Zeitpunkt der Öffnung der eingegangenen Briefwahlunterlagen geändert. Musste der Wahlvorstand bisher die Briefwahlunterlagen kurz vor Ende der Stimmabgabe im Wahlraum öffen, prüfen und dann in der Wahlurne geben, hat dies nunmehr zu Beginn der öffentlichen  Stimmauszählung zu erfolgen.