Arbeitsunfähigkeit als Verhinderungsgrund - Fehlerquelle bei Betriebsratsbeschlüssen

IMG 20201220 162405 Klein

Für verhinderte Betriebsratsmitglieder ist ein Ersatzmitglied zu laden. Ist ein Betriebsratsmitglied am Tag der Sitzung krankgeschrieben, so führt dies zumeist, jedoch nicht zwingend zu einer Verhinderung (vgl. Fitting, BetrVG, § 25 Rn. 17). Vielmehr kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalls an, da es Fälle geben kann, in denen ein Betriebsratsmitglied zwar seine Arbeitspflicht krankheitsbedingt nicht erfüllen, aber durchaus Betriebsratsaufgaben wahrnehmen kann. Schulbeispiel ist ein Betriebsratsmitglied aus der Produktion, dass zwar auf Grund eines gebrochenen Armes zwar keine Maschine bedienen, durchaus aber an der Betriebsratssitzung teilnehmen kann. Zwar darf der Betriebsratsvorsitzende grundsätzlich von einer Verhinderung ausgehen, wenn er lediglich Kenntnis davon hat, dass ein Betriebsratsmitglied krankgeschrieben ist. Signalisiert das Betriebsratsmitglied allerdings, dass es an der Sitzung trotz Arbeitsunfähigkeit teilnehmen kann, liegt keine Verhinderung vor, so dass kein Ersatzmitglied geladen werden darf.

Eine Besonderheit besteht nach einer neueren Entscheidung des BAG im Fall von freigestellten Betriebsratsmitgliedern. Bei ihnen besteht vereinfacht gesprochen, nicht mehr die Verpflichtung ihrer eigentlichen Tätigkeit nachzugehen, sondern auf Grund der Freistellung die Pflicht, Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen bzw. sich für diese im Betrieb bereit zu halten ( vgl. BAG v. 25.10.2017 - 7 AZR 731/15).  Wird ein solches Betriebsratsmitglied arbeitsunfähig geschrieben, so bedeutet dies, dass es krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, sein Betriebsratsamt auszuüben. Die Arbeitsunfähigkeit beurteilt sich bei diesem nach den wahrzunehmenden Betriebsratsaufgaben. Somit ist es bei einer Krankschreibung tatsächlich verhindert und für eine etwaige Betriebsratssitzung ein Ersatzmitglied zu laden. Eine partielle Amtsunfähigkeit eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes gibt es nach Auffassung des BAG nicht.

"Während der Dauer einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit ist ein nach § 38 Abs. 1 freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Wahrnehmung seines Amtes verhindert."      (BAG, Beschl. v. 28.07.2020 - 1 ABR 5/19)

Für die Praxis bedeutet dies, dass bei einer Krankschreibung eines freigstellten Betriebsratsmitgliedes, selbst wenn dieses signalisiert an der Sitzung teilnehmen zu wollen, z.B. weil es um einen Beschluss von großer Tragweite geht, ein Ersatzmitglied geladen werden muss und das erkrankte freigestellte Betriebsratsmitglied auch auf keinen Fall an einer etwaigen Beschlussfassung teilnehmen darf.

Betriebsräte sind gut beraten die Verhinderung von Mitgliedern sehr sorgfältig zu prüfen, da Fehleinschätzungen schnell zur Unwirksamkeit gefasster Betriebsratsbeschlüsse führen können!